Seit Mitte 2023 befindet sich die Auseinandersetzung um das von der Firma Knauf geplante Gipsbergwerk Altertheim in der „heißen Phase“. Nachdem ich nicht voraussetzen kann, daß die grundlegenden Fakten bekannt sind, einige Informationen vorab:
Das Vorhaben von Knauf
- Geplant ist das größte Bergwerk Bayerns, zwischen Ober-Unteraltertheim, Helmstadt und Waldbrunn
- gelegen in einem beantragten Wasserschutzgebiet, dem zweitgrößten in Bayern
- Unmittelbar betroffen sind ca. 50% der Trinkwasserversorgung von Würzburg, 100% von Waldbrunn sowie weite Teile von Altertheim
- Das Bergwerk wird im sog. Kammer-Pfeil-System errichtet, so daß etwa die Hälfte des Bodens stehenbleibt
- Gips soll 60 Jahre lang abgebaut werden
- Anfänglich 300 000t jährlich, später bis zu 1 000 000t
- LKW-Verkehr: 2-3 LKWs stündlich am Anfang, später bis zu 20
- Vom Bergwerk führt die Transportroute zur A 81 und weiter über die A 3 bis Abfahrt Kitzingen/Schwarzach, dann weiter zur B 8 nach Iphofen
- die maximale Ausdehnung wird 7,1 km² betragen. Das entspricht in etwa der Größe des Gemeindegebiets von Höchberg
- Baubeginn soll bereits Ende 2025 sein, die Fertigstellung 2027 erfolgen
- Der Abbau ist in 70-130 m Tiefe vorgesehen
- Das Betriebsgelände soll ca. 150 x 200 m betragen, dazu eine 700 m lange Rampe, die nur teilweise unterirdisch zu einer Verladerampe verläuft und Parkplätze für PKWs und LKWs. Alles gelegen am Westrand des Irtenberger Forsts.
- Knauf hat zudem 20 Gutachten zu Hydrologie, Klima, Verkehr, Lärm, Staub, Sprengerschütterungen, Artenschutz und Standsicherheit erstellen lassen.
Risiko fürs Trinkwasser
Im Kern stehen sich wirtschaftliche Interessen und Trinkwasserschutz diametral gegenüber. Generell gilt, daß Bergbau in Trinkwasserschutzgebieten verboten ist. Von daher scheint die Rechtslage eindeutig. Doch das betroffene Trinkwasserschutzgebiet ist noch nicht ausgewiesen, das zuständige Landratsamt in Würzburg verzögert wohl bewußt die Bearbeitung und Genehmigung. Damit soll offensichtlich erreicht werden, daß das Bergwerksverfahren bei der zuständigen Regierung von Oberfranken vor der beantragten Erweiterung des Trinkwasserschutzgebiets abgeschlossen wird.
Überhaupt ist festzustellen, daß die Landesregierung, insbesondere die CSU, das Knauf-Vorhaben scheinbar unbedingt durchsetzen will. Alle beteiligten Behörden, von Wasserwirtschaftsamt über Landratsamt und Regierung(en) sind zudem der Landesregierung förmlich unterstellt oder damit parteipolitisch verflochten. Lokale CSU-Größen scheuen sich nicht, ein Werbevideo der Firma Knauf auf ihren Social-Media-Kanälen zu teilen. Natürlich wird das dann als objektive „Information“ gelabelt. Man darf gespannt sein, ob sich die Einschätzung bestätigt, daß folgerichtig eine Behörde nach der anderen dem Bergwerkvorhaben grünes Licht erteilt. Zitiert wird ausschließlich (anderes habe ich nicht gefunden) ein Gutachten von DMT Group, von Knauf beauftragt und bezahlt, nichts aber aus den kritischen Stellungnahmen der Gutachter, die die Ergebnisse von DMT auseinandernehmen.
Fachliche Kritik an den Gutachten
In der „zusammenfassende(n) Bewertung der fachlichen Grundlagen“ der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH vom 14.03.2025 heißt es u.a.:
- „die Unterlagen sind nicht eindeutig“
- „nur wenige Meter unterhalb eines bedeutenden, für die Trinkwasserversorgung der Stadt Würzburg und der Gemeinden Waldbrunn und Altertheim genutzten Grundwasservorkommens“
- „innerhalb eines hydrologisch besonders sensiblen Gebiets“
- „Einen vergleichbaren Fall gibt es in Deutschland bisher nicht.“
- „Das geplante Gipsbergwerk Altertheim liegt nahezu vollständig in den unterirdischen Einzugsgebieten der Trinkwassergewinnung“
- „Das Wasserwerk Zeller Stollen ist für die Versorgung der Bevölkerung der Stadt Würzburg mit Trinkwasser unverzichtbar“ und „kann auch nicht durch Fremdbezug ausgeglichen werden.“
- „Jegliche Maßnahme, die zu einer weiteren Minimierung der Schüttung der Zeller Stollen …. führt, stellt daher die langfristige Trinkwasserversorgung der Stadt Würzburg in Frage.“
- „Das Landratsamt Würzburg hat mit Schreiben vom 31.01.2023 die Planreife der künftigen Wasserschutzgebietsverordnung festgestellt“ und diese soll für rd. 66 km² gültig werden.
- „Die Quellwässer an den Zeller Stollen weisen durch das Vorhandensein von Sulfatablagerungen …. bereits erhöhte Sulfatgehalte auf“.
Soweit Zitate aus den ersten 3 Seiten. Man sollte meinen, das allein läßt bei den Genehmigungsbehörden und verantwortlichen Lokalpolitikern die Alarmglocken schrillen. Doch weit gefehlt. Gerade Landrat Eberth ist daran gelegen, daß der „Nachweis“ erbracht wird, daß Trinkwasserschutz und Bergbau einhergehen können.
Auf den Folgeseiten der Stellungnahme wird nun ausgeführt, daß gerade DMT von völlig falschen Eingangsdaten für grundlegende Berechnungen ausgeht und demzufolge auch zu völlig falschen Ergebnissen kommt. Hauptkritikpunkt ist die Annahme von DMT, daß in einem Kluft- bis Karstgebiet auf einer Fläche von 7,1 km² eine halbwegs homogene Ton-Sulfat-Wechselfolge (TSW-Schicht) vorliegt, der eine Schutzfunktion und abdichtende Wirkung zukommt. Sie soll das Grundwasser, das zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, vom Bergwerk abschirmen. Diese Erkenntnis wird aus wenigen Bohrungen (Knauf spricht von 19) abgeleitet, die zudem laut Gutachter nur eine Teilmenge der tatsächlich vorgenommenen Bohrungen und Bohrversuche ist. BAURC ONSULT, ein Ingenieurbüro, das von der Gemeinde Waldbrunn mit der Begutachtung beauftragt wurde, weist u.a. darauf hin, daß ein sog. numerisches Grundwassermodell, das hier zugrunde gelegt wurde, vom Bayerischen Landesamt für Umwelt eigentlich als untauglich für Karst/Kluft-Grundwasserleiter eingestuft wurde.
Wirklich mehr Arbeitsplätze?
Die Befürworter des Projekts führen nun wirtschaftliche Aspekte ins Feld. 1400-2500 Arbeitsplätze (je nach Quelle) sollen auf dem Spiel stehen, dazu Steuereinnahmen und Abgaben. Nicht vergessen wollen wir auch die Grundstückseigentümer, die ihre Äcker an Knauf verkauft haben. Das sind Größenordnungen, die man nicht einfach ignorieren kann.
Doch nüchtern betrachtet spricht vieles dafür, daß die Sache schief geht und Zehntausende in Würzburg, Waldbrunn und Altertheim zusätzliche Probleme mit dem Trinkwasser bekommen. Perspektivisch soll es eh kritisch werden, leben wir doch in einem sogenannten Hotspot des Klimawandels. „Sichere Arbeitsplätze […] und eine sichere Trinkwassergewinnung gehen bei unserem Vorhaben erwiesenermaßen […] zusammen“ schrieb Knauf in einer ganzseitigen Zeitungsannonce. Das ist leider weder „erwiesen“ noch zu erwarten, wenn man sieht, wie Knauf mit „Fakten“ umgeht. Das vorgelegte Gutachten wirft mehr Fragen auf als es Antworten liefert.
Die Zeche zahlen die Anwohner im weitem Umkreis
Doch neben „Fakten“, über die angeblich nur Knauf verfügt, versteckt man sich hinter den Genehmigungsbehörden. So heißt es in einer „Information“ des Landratsamts vom 8.11.2023: „Ob das Projekt genehmigt wird oder nicht, entscheidet federführend das Bergamt Nordbayern“. Wenn ich eine Prognose abgeben darf, es wird zustimmen, natürlich rein sachbezogen und unabhängig. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal ein Zitat aus der oben angesprochenen „zusammenfassenden Bewertung“ wiederholen: „Einen vergleichbaren Fall gibt es in Deutschland bisher nicht“.
Was wird geschehen, wenn Knauf die Genehmigung für das Bergwerk erhält?
Wenn alles gut geht, fließen Steuereinnahmen und Arbeitsplätze verbleiben in der Region. Einher gehen eine enorme Umweltzerstörung und der Wegfall von Erholungsraum.
Für wahrscheinlicher halte ich allerdings das Szenario mit Trinkwasserproblemen. Knauf wird es dann nicht gewesen sein. Dafür stehen Gutachter und Rechtsanwälte parat. So müßte wohl Fernwasser ins Trinkwassernetz eingespeist werden, das womöglich gar nicht zur Verfügung steht, von den Kosten ganz abgesehen. Auch wären Leitungen zu verlegen, die weitere hohe Kosten verursachen. Und Kosten für Wasser/Abwasser dürfen die Gemeinden nicht bezuschussen, die müssen umgelegt werden. Wahrscheinlich kommen auf die betroffenen Bewohner noch weitere Ausgaben zu. Z.B. für Anlagen zur Reinigung des Wassers, Reparatur von verstopften Leitungen, Austausch von Waschmaschinen, Heizungen etc. Wirtschaftlich betrachtet hätten wir es einfach mit einer Umverteilung zu tun, die einen verdienen, die anderen zahlen die Zeche.
BSW steht für wirtschaftliche Vernunft. Doch auch für eine lebenswerte Umwelt. Nimmt man eine Abwägung vor, sind hier die Risiken für Mensch und Umwelt zu groß. Geld kann man weder essen noch trinken.
Quellen: Mainpost v. 20.01.2025, 17.04.2025, 19.04.2025, Mitteilungsblatt der Gemeinde Waldbrunn Februar 2025, Homepage „Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH“ (Schreiben von GENESIS Umwelt Consult GmbH v. 14.03.2025)
Stand: 20.06.25 E. R.
Der Text beruht auf eigenen Recherchen und der Meinung des Autors. Er ist keine offizielle Stellungnahme der Partei BSW.
Bearbeitung: Rebecca Hümmer